Nicht selten erwarten Eltern, dass ihren Kindern an der Schule der kompetente Umgang mit Medien vermittelt wird. Zu Recht, wie ich finde. Schon früh werden Präsentationen gefordert, Referate können mit Hilfe des Internets vorbereitet werden und natürlich bleibt auch während des Unterrichts der Einsatz von PC, Lautsprechern und Co. nicht aus. Lehrer sollten den Kindern mit gutem Beispiel vorangehen und diese Medien souverän einsetzen können. Doch wie sieht die Realität dazu aus? Leider gar nicht so rosig, wie Referendarin Nadine nun gesteht. Im Interview berichtet sie von ihren eher mangelhaften Kenntnissen der digitalen Medien und ihrem Wunsch nach der Förderung von Medienkompetenz während der Ausbildung.

An Hochschulen gibt es noch große Lücken

Medienkompetenz sollte in der Schule – natürlich auch zu Hause – gefördert werden. Die Kids bewegen sich immer länger, früher und häufiger in der digitalen Welt. Es drohen Gefahren, die es früher einfach noch nicht gab. Demnach sind die Anforderungen an die Lehrkräfte auch gewachsen. Allerdings werden sie diesen oft nicht gerecht. Referendarin Nadine* berichtet aus ihrem Alltag, der deutlich aufzeigt, dass es noch große Lücken gibt:

Yasmin: Liebe Nadine, woher hast du deine bisherigen Skills im Umgang mit digitalen Medien?

Nadine: „Ich muss zugeben, dass mein Können auf diesem Gebiet ausschließlich aus dem Privatleben stammen. Zwar habe ich in einem Praktikum mal das Smartboard erklärt bekommen, aber wirklich sicher fühle ich mich im Umgang damit nicht. Dieses tolle Programm, von dem ich eben geredet habe, ist bislang noch ein ziemliches Rätsel für mich. Ich habe nur im Unterricht gesehen, wie toll man es wohl nutzen kann!“

Yasmin: Oh, wie schade. Ich halte mich ja gern an das „Learning by Doing“-Prinzip. Allerdings finde ich eine Einführung und den Überblick der Möglichkeiten erstmal nicht schlecht. Habt ihr um Studium Kurse oder Workshops zum kompetenten Umgang mit digitalen Medien erhalten?

Nadine: Im Studium lernt man nur, dass man Power Point verwenden kann und im Idealfall auch, wie eine Präsentation aussehen soll. Will sagen: adäquater Umgang ist leider nicht Bestandteil des Studiums gewesen.

Yasmin: Das heißt du würdest dir schon mehr in puncto Umgang mit Medien wünschen, um die Kompetenzen zu stärken? Was würdest du dir denn dafür grundsätzlich für die Ausbildung zur Lehrkraft wünschen?

Nadine: Ich würde mir einen Workshop wünschen, der die Grundlagen vermittelt. Das würde oftmals schon reichen und ich denke, ein Workshop sollte auch die Kapazitäten der Unis nicht sprengen. Allerdings muss ich fairerweise auch dazu sagen, dass es an nahezu allen Schulen kompetente Kollegen gibt, die einem gerne mit Rat und Tat zur Seite stehen. So lernt man spätesten vor Ort das Nötigste.

Yasmin: Gute Kollegen und Kommilitonen sind sehr viel wert! Was denkst du, ist das Problem der Hochschulen in der Vermittlung der digitalen Kompetenzen? Woran liegt es deiner Meinung nach?

Nadine: Die Schwierigkeit sehe ich zum einen darin, dass die Ausbildung ohnehin schon vollgepackt ist und wenig Kapazität für mehr besteht. Und zum anderen werden die „neuen Medien“ oftmals nicht richtig ernst genommen und erscheint daher nicht im „Lehrplan“ für Studenten.

Yasmin: Das „Neuland“ Internet ist leider in vielen Bereichen noch nicht angekommen. Umso besser, dass du dich damit auseinandersetzen möchtest und nach mehr Bildungsmöglichkeiten in diese Richtung forderst. Siehst du dich denn aktuell im Stande Medienkompetenz auch an Schüler weiterzugeben?

Nadine: Da ich mich als halbwegs sicher im Umgang mit dem Internet bezeichnen würde, denke ich, dass ich diesbezüglich Kompetenzen vermitteln kann. Sollte mich aber jemand fragen, wie man Statistikprogramme oder ähnliches verwendet, muss ich passen.
Ich denke, man muss auch auf diesem Gebiet nicht alles können und wissen, aber die Ausbildung auf diesem Gebiet könnte und sollte definitiv umfangreicher sein.

Yasmin: Hast du schon konkret geplant digitale Medien in den Unterrichtsalltag einzubauen? Und warum?

Nadine: Ich denke, wenn man die Schüler in ihrer Lebenswelt abholen will, kommt man gar nicht drum herum, digitale Medien zu nutzen. Wie will man denn authentisch und schülernah sein, wenn man im Jahr 2017 immer noch ausschließlich im Overheadprojektoren und Plakaten arbeitet? Krampfhaft alles zu digitalisieren finde ich aber auch nicht richtig, denn manchmal ist das gute, alte Plakat eben doch die beste Lösung.

Yasmin: In welchen Bereichen siehst du die Vorteile der digitalen Medien? Wo würdest du diese einsetzen?

Nadine: Besonders hilfreich finde ich die Möglichkeit der digitalen Informationsbeschaffung. Es gibt ausgezeichnete Plattformen, über die man als Lehrer und Schüler spielend leicht an Informationen kommen kann. Warum sollte ich so etwas nicht in den Unterricht einbauen? Sei es in Form meiner eigenen Beschaffung von Material oder auch indem ich die Schüler selbst recherchieren lasse. Auch die Verwendung von Smartboards kann interessant sein. Es gibt geniale Programme, mit denen sich Arbeitsblätter erstellen lassen, die den Unterrichtsalltag erleichtern und bunter gestalten.

Yasmin: hab ganz lieben Dank Nadine! Es ist spannend, wenngleich auch alarmierend Einblicke in den Alltag einer angehenden Lehrkraft zu erhalten!

Ein Wegweiser in Sachen Medienkompetenz

Einerseits finde ich es schön, dass sich Nadine Mühe gibt und versucht Kompetenzen selbstständig zu erlernen, andererseits finde ich es schade, dass es keine professionelle Hilfe zur Selbsthilfe an ihrer Universität gibt. Für mich als Mutter sind das große Alarmsignale – Woher soll das Kind den korrekten Umgang erlernen, wenn es keine „fachmännische Anleitung“ dazu erhält? Wie soll Kindern Medienkompetenz vermittelt werden, wenn ihre Lehrkräfte selber keine oder nur wenig Ahnung haben? Ich hoffe sehr, dass das Bildungswesen in die Gänge kommt und das „Neuland“ Internet endlich als Herausforderung, aber auch Chance sieht und entsprechend in die Ausbildung der Lehrkräfte investiert – die dann wiederum die Ausbildung unserer Kinder kompetenter in Angriff nehmen können.

Ich habe auch schon von Hochschulen gehört, die da fitter sind und extra Kurse anbieten, um die Basics zu vermitteln. Das ist große Klasse! Natürlich sollten sich Studenten auch einiges an Wissen selbstständig aneignen können – keine Frage. Allerdings gibt es im Bereich der digitalen Medien sehr viele Nischen und es wäre einfach schön, wenn es jemanden gäbe, der einen ersten Überblick gibt. Eine Art Wegweiser, der den Studenten den Weg zwar nicht abnimmt, aber in die richtige Richtung schickt. Das würde ich mir für kommende Generationen wünschen. Bis es so weit ist, vermittele ich die Medienkompetenz eben selbst.

 

*Name von der Redaktion geändert.