Vielleicht ist das eine »déformation professionelle«: Wenn man sich zu viel im virtuellen Raum aufhält, wird man selbst möglicherweise in seinen Ansichten und Aussagen ein wenig flüchtig, kurz und »by the way«. Denn auch der virtuelle Raum scheint mir, so sehr er auch um den Status von Realität bemüht ist, überwiegend durch diese Merkmale geprägt.

Mein Eindruck vom ersten Tag auf der diesjährigen re:publica war jedenfalls genau dieser: Die Diskussionen blieben alle etwas unbestimmt und blass, die Themen wurden eher steinbruchartig »vorgeworfen« als systematisch bearbeitet, die Statements postulierten meist ein klares »Na ja«.

Sicher ist dieser Eindruck nach nur einem Tag Veranstaltung nur bedingt objektiv oder ausgewogen, dennoch erscheint er mir bemerkenswert. Denn ich empfand es als enttäuschend! Der Relevanz der Themen, die mit dem digitalen Wandel einhergehen, wird auf diese Weise zu wenig Rechnung getragen.

Mir persönlich wäre es (zumindest für den erlebten ersten Tag) lieber gewesen, die Veranstalter hätten deutlich mehr auf Klasse statt Masse gesetzt. Die Diskussionsrunden hätten gezielter und kontroverser besetzt und moderiert werden können, die Experten hätten fokussierter und strukturierter ihre Themen ausarbeiten sollen. Das gilt auch für Gunter Dueck, denn schließlich spricht auch er nicht jeden Tag vor mehreren Tausend Leuten. Da könnte man schon neue Folien bauen, statt die alten bloß neu zu mischen.

Meiner Ansicht nach müssen sich die wunderbare re:publica und ihre Bloggerinnen und Blogger schleunigst bemühen, ihre Anliegen und Themen stärker mit gesellschaftlich relevanten  Fragen zu verweben und auf die realen Herausforderungen Bezug zu nehmen. Denn sonst wird der Spiegel auch in den nächsten Jahren noch mit »Blogger feiern sich selbst« titeln – und damit auch noch Recht haben.