Vor Kurzem berichtete mir eine Freundin von einem Gespräch zwischen ihrem Mann und dessen Arbeitskollegen. Zum Hintergrund: Beide Männer arbeiten in einer großen Londoner Werbeagentur (die unter anderem für einen weltweit agierenden Technologiekonzern tätig ist), beide sind um die 30 Jahre alt und besitzen diverse digitale Endgeräte – so zum Beispiel ein iPad.

Das Gespräch muss sich in etwa so zugetragen haben:

Ehemann zum Kollegen: „Wie findest du denn die iPad-App von Zeitung XY?“

Kollege: „Joah, ordentlich, doch. Aber ganz ehrlich: Ich lese lieber die Printausgabe, sonst sieht doch niemand, WAS ich lese.“

Was doch für ein Insight in einem so dahergesagten Satz steckt – ich bin begeistert!

Ich würde den Satz wie folgt übersetzen und übertreibe ein wenig: Es kommt mir gar nicht so sehr auf ausführlichere Informationen (Content) oder eine bequemere Handhabung (Device) an. Vielmehr möchte ich anderen etwas über mich erzählen.


Es ist ja nun wirklich keine neue Erkenntnis, dass sich Menschen mit Marken – auch mit Medienmarken – schmücken, aber an diesem Beispiel zeigt sich für mich doch etwas Neues: der freiwillige Verzicht eines digital geprägten Menschen auf einfachere, digitale Handhabung durch das iPad (was ja auch eine ziemlich aussagekräftige Marke ist) zugunsten der Selbstdarstellung im öffentlichen Raum, die unabhängig von der Printmarke zu sagen scheint: Schaut her, ich bin analog, ich stehe über den Dingen!

Dieses Gespräch ließ mich an einen Blogpost von Friedrich von Zitzewitz, Kreativchef der Plan.net Gruppe, denken, den ich vor einer Weile gelesen habe. Er trägt den Titel „Die Entdigitalisierung der Welt“. Darin schreibt von Zitzewitz:

Die zunehmende Digitalisierung unserer Welt schafft also gleichsam ihre Entdigitalisierung. […] Natürlich bleiben Technologien und Innovationen weiterhin wichtige Treiber unserer Branche, aber es bedeutet auch: Entspannung. Wenn der erste Teil des Begriffes „Digitale Kommunikation“ an Bedeutung verliert, bleibt der zweite Teil: die Kommunikation. Und die braucht Ideen, Inhalte und Geschichten. „Content is King“ ist ja auch nicht so neu, aber heute umso wahrer und wichtiger. Wir müssen kein Storytelling für Technologien oder Systeme machen. Wir erfinden Geschichten für Menschen.

Grundsätzlich stimme ich Herrn von Zitzewitz zu. Das Beispiel von dem zeitungslesenden Kollegen lässt mich doch ein ganz kleines bisschen widersprechen, denn:

Für mich – da bin ich wohl nicht die Erste und Einzige– sind sowohl der mediale Kanal (vgl. McLuhan) als auch das Medium selbst Protagonisten innerhalb dieser Geschichten – unabhängig davon, ob es sich um analoge oder digitale Medien handelt.

Was bedeutet das für uns als Berater? Wir helfen Unternehmen dabei, ihre Kommunikationsstrategien auf ihre Zielgruppen abzustimmen. Dabei geht es um nichts anderes als darum, menschliche Kommunikation und Mediennutzungsgewohnheiten zu verstehen. Natürlich beschäftigen wir uns eher mit der Kommunikation im Internet, aber die kann nie losgelöst von der gesamten Unternehmenskommunikation gesehen werden.

Denn, egal ob auf analogem oder digitalem Wege: Kommunikation bleibt eben Kommunikation, nur die Wege zu den Menschen ändern, kreuzen und verbinden sich.

(Bildquelle: (CC BY-SA 2.0) visualpun.ch| flickr.com)