Erinnert Ihr Euch noch? Im Jahre 1996 wurde der Verein »Schulen ans Netz« gegründet – damals gemeinsam initiiert vom Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (heute: Bundesministerium für Bildung und Forschung) und der Deutschen Telekom AG. 2012, also nur knapp 16 Jahre später (!) löste sich dieser Verein wieder auf, damals mit der Botschaft: »Das Ziel sei erreicht.«
16 lange Jahre hat dieser Verein damit verbracht, Schulen mit Computerräumen und PCs auszustatten. Oftmals sind diese Computerräume heute noch vorhanden – mit denselben Rechnern von damals. Es wurde weder daran gedacht, eine sinnvolle Stelle für Wartung und Pflege der Geräte an jeder Schule einzurichten, noch plante man eine regelmäßige Modernisierung und Weiterentwicklung der Hardware mit ein, zum Beispiel Ergänzung von Internetzugang, Sound etc.
16 Jahre hatte man Zeit, eine Kurskorrektur vorzunehmen und zu erkennen, dass ein einziger Computerraum und das Aufstellen von Rechnern noch keine digitale Bildung darstellen. Dennoch hat man bis zum Schluss unbeirrt weitergemacht, um dann das Ergebnis als Erfolg zu preisen.
Von einer Kampagne zu nächsten hangeln
Und jetzt? Jetzt ist wieder eine Digitalisierungskampagne für Schulen geplant. Unter dem Namen »Digitalpakt Schule« sollen 5 Milliarden Euro investiert werden. Bislang scheitert die Umsetzung der Planung aber an einer entsprechenden Grundgesetzänderung. Bis zu dieser passiert erst einmal … nichts. Morgen nun wird sich der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat mit dem Gesetzesbeschluss befassen.
Es ist doch alles eine Katastrophe. Wenn ich die Schule unserer Kinder (Klasse 7, Klasse 10) ansehe, dann herrscht dort dringender Handlungsbedarf. Und sicher ist diese Schule kein Einzelfall.
Die Situation an unserer Schule: Es gibt mehrere Whiteboards, die unsere Kinder eigentlich nur am Tag der offenen Tür in Betrieb gesehen haben. Danach spielten sie keine Rolle mehr, weil die meisten Lehrer nicht wissen, wie sie mit diesen Whiteboards umgehen sollen. Auch die Lehrer, die sich auskennen, nutzen sie kaum. Da sie nur selten in Betrieb genommen werden, ist der Einsatz fast nie störungsfrei.
Natürlich ist auch ein Computerraum vorhanden. Den nutzt in erster Linie die MINT-AG. Lehrer arbeiten mit den Klassen dort eher selten, da sie meist noch nicht mal die Zugangsdaten zu den Rechnern kennen. Auch müsste man sich vorab anmelden und genau planen, wann man den Raum buchen möchte. Dies widerspricht der Praxis, wo man »mal kurz« und »spontan« irgendetwas am PC bearbeiten möchte.
Das Ergebnis: Meine Tochter hat bis zur Klasse 10 für die Schule noch nie mit Excel gearbeitet, keine PowerPoint-Präsentation erstellt und nichts im Netz recherchieren müssen. Sie schreibt Hausarbeiten mit der Hand (was sicher auch Vorteile hat) und malte bis vor Kurzem für Vorträge Plakate. Auch Videos oder Audios werden nicht produziert, es sei denn die Kinder möchten das selbst tun. WLAN wird gerade eingeführt, war bisher also ebenfalls im Unterricht nicht nutzbar.
Selbst wenn diese Schule jetzt eine Förderung erhält, wird das Problem sich wahrscheinlich nicht lösen, denn wieder soll Hardware gefördert werden: Schnelleres WLAN und stationäre Endgeräte wie digitale Tafeln stehen im Fokus. Eine substanzielle und nachhaltige Änderung im Bildungsplan und die Bereitstellung von geschultem Personal oder von Weiterbildungsmaßnahmen stehen dagegen nicht auf der Agenda.
Ich freue mich schon heute darauf, wenn in wieder 16 Jahren zu den alten Rechnern auch noch ein WLAN-Anschluss in allen Schulen gekommen ist und es erneut heißt: »Die Initiative wurde erfolgreich beendet.«
Wie seht Ihr das? Bin ich zu pessimistisch? Bietet der neu erdachte Digitalisierungspakt vielleicht doch eine Chance, unsere Schulen und damit das Bildungssystem endlich auf den richtigen Weg in die digitale Zukunft zu bringen. Freue mich auf Eure Kommentare.

Sie gründete 1994 das result Markt- und Medienforschungsinstitut, 2007 folgte eine Webagentur, im Jahr 2011 der Geschäftsbereich Beratung. Als Kennerin der alten wie auch Neuen Medien gehört sie zu den gern gesehenen Speakerinnen bei Fachveranstaltungen & Kongressen rund um das Thema „Digitaler Wandel/Medienwandel“.
Eigentlich war es doch schon immer so. Zumindest habe ich es (Abi 1995) so erlebt:
Unsere Schule hatte ein Sprachlabor. Das war in den 80er-Jahren der heißeste Sch… im Bereich Fremdsprachen. Ich war in all den Jahren im Rahmen des Englischunterrichts vielleicht 3 (!) mal im Sprachlabor. Unterm Strich gab es wohl nur einen Französisch- und Spanisch-Lehrer, der regelmäßig mit seinen Kursen das Sprachlabor nutzte. Bei den anderen Fremdsprachen-Lehrern war das Interesse an der Nutzung mäßig bis gar nicht vorhanden.
Im Computerraum war die Lage nicht anders als heute. Er wurde 1986 in Betrieb genommen und war mit 15 XT-Kompatiblen Rechnern mit Herkules-Grafik (also schwarz-weißen oder bernsteinfarbenem Monitor) ausgestattet. Immerhin hatten die Rechner neben einem 5 1/4″ Floppy-Laufwerk auch eine 20 MB Festplatte. Auf diesen Rechnern fand dann bis zu meinem Abi auch der Informatik-Unterricht statt. Also MS-DOS statt Windows, Turbo-Pascal 5.0 statt Visual Basic, DBase IV statt Access und Multiplan statt Excel. Also im Jahre 1995 hoffnungslos veraltet. Ganz davon abgesehen, das in dem Jahr von ehemals 15 Rechnern nur noch 12 funktionsfähig waren. Ich kann mich an diese Details so gut erinnern, weil ich derjenige war, der die Rechner von der Jahrgangsstufe 11-13 am Laufen hielt. Und eben manchmal aus 2 defekten Rechnern einen funktionierenden Rechner zusammenbasteln musste. Ein neuer Computerraum war dann erst für das Haushaltsjahr 1997 (!) geplant….
Ich stimme allerdings zu, dass man schon aus den ersten Gehversuchen mit Computern an Schulen hätte lernen können und müssen! Ohne zusätzliche Unterstützung in Form von Man-Power und regelmäßigem Austausch von Hard- und Software sind alle Digitalisierungs-Bemühungen an Schulen zum Scheitern verurteilt!